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Geisteswissenschafts-Studium – und dann?

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Der Deutsche Kulturrat veranstaltet Kongress zum Arbeitsmarkt Kultur · Von Gabriele Schulz
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Das Jahr 2007 ist das Jahr der Geisteswissenschaften. Nachdem in den Vorjahren die Naturwissenschaften besonders im Blick waren – Jahr der Physik 2000, Jahr der Lebenswissenschaften 2001, Jahr der Geowissenschaften 2002, Jahr der Chemie 2003, Jahr der Technik 2004, Einsteinjahr 2005, Jahr der Informatik 2006 – stehen nun die Geisteswissenschaften im Mittelpunkt des Interesses. Dabei handelt es sich um ein breites Spektrum an Disziplinen von der Anglistik bis hin zur Zentralafrikanischen Philologie. So genannte große Fächer wie Germanistik oder Geschichte zählen dazu, aber auch Spezialdisziplinen wie die Byzantistik oder Musikwissenschaften. Gemeinsam ist diesen Disziplinen, dass sie die kulturelle Grundlagen der Menschheit reflektieren.

Das Jahr der Geisteswissenschaften soll die Vielfalt der geisteswissenschaftlichen Disziplinen deutlich machen und vor allem aufzeigen, dass Geisteswissenschaften keine l’art pour l’art-Veranstaltung sind, sondern vielmehr Wissen, Geschichte und Kultur zugänglich machen. Geisteswissenschaftler erschließen und interpretieren die Welt.

In den vergangenen Jahren litten die Geisteswissenschaften unter einem schlechten Image. Die Arbeit von Geisteswissenschaftler schien entbehrlich zu sein, an den Universitäten mussten insbesondere die geisteswissenschaftlichen Studiengänge – obwohl im Vergleich zu den Naturwissenschaften eigentlich preiswert – Kürzungen hinnehmen, freiwerdende Stellen wurden nicht wieder besetzt, kurzum gerade diese Disziplinen waren die Leidtragenden einer veränderten Wissenschaftspolitik. Erst das Manifest der Geisteswissenschaften, Ende des Jahres 2005 vorgelegt von Angehörigen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, und die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Entwicklung und Förderung der Geisteswissenschaften aus dem Januar 2006 eröffneten einen neuen Blick auf die Geisteswissenschaften.

Das vergleichsweise schlechte Image der Geisteswissenschaften liegt auch darin begründet, dass gerade Geisteswissenschaftler bereits seit vielen Jahren auf dem Arbeitsmarkt schlecht Fuß fassen konnten. In öffentlichen Kultureinrichtungen wurden Stellen abgebaut oder freiwerdende Stellen nicht wieder besetzt. Ein wichtiges Arbeitsmarktsegment für Geisteswissenschaftler verengte sich daher. Gelang es in den 70er- Jahren des letzten Jahrhunderts noch mit den soziokulturellen Zentren, Geschichtswerkstätten und anderen Initiativen Arbeitsplätze für Geisteswissenschaftler zu schaffen – wenn auch zumeist unständig und mit schlechter Bezahlung – so engten sich diese Möglichkeiten in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts sowie den ersten Jahren in diesem immer mehr ein.

Ein wichtiger Trend ist daher, dass Geisteswissenschaftler sich selbständig machen und als Dienstleister für Kultureinrichtungen aber auch Medien tätig werden.

Angesichts der Veränderungen im Arbeitsmarkt Kultur und weil nach wie vor gerade der Kulturbereich ein wichtiges Arbeitsfeld für Geisteswissenschaftler ist, veranstaltet der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, im Rahmen des Jahres der Geisteswissenschaften einen Kongress zum Thema „Kultur als Arbeitsfeld und Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler“. Bei dem Kongress soll ausgelotet werden, wie sich dieses Arbeitsfeld und dieser Arbeitsmarkt verändert. Welche Qualifikationen von Geisteswissenschaftlern erwartet werden, welche Beschäftigungsmöglichkeiten für Geisteswissenschaftler im Kulturbereich es gibt und welchen Stellenwert selbstständige Tätigkeit hat.

Nach der Kongresseröffnung durch Bundesbildungsministerin Anette Schavan und einer Einführung durch den Vorsitzenden des Deutschen Kulturrates Max Fuchs wird Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, über das Thema „Museen und Sammlungen – (k)ein Elfenbeinturm für Geisteswissenschaftler“ referieren und Simone Eick, Direktorin des Deutschen Auswandererhauses Bremerhaven, stellt die Geschichtsvermittlung und Erinnerungskultur abseits von Metropolen vor.
Mit dem Thema Freiberuflichkeit für Geisteswissenschaftler setzen sich Tamara Tischendorf, freie Hörfunkjournalistin, Beate Schreiber, Forschungsinstitut Facts & Files und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates auseinander.

Karl Ermert, Direktor der Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel und Peter Reifenberg, Direktor der Akademie des Bistums Mainz, setzen sich mit der Frage auseinander, inwiefern Erwachsenenbildungseinrichtungen Arbeitsplätze für Geisteswissenschaftler schaffen und welchen Beitrag die Akademien zur Weiterbildung leisten.

Karin Drda-Kühn, Verein für Kultur und Arbeit Mainz, Roland Kanz, Universität Bonn, Ingolf Warnke, Universität Bamberg und Wolfgang Schmitz, Hörfunkdirektor des WDR, diskutieren nach ihren Einführungsreferaten, inwiefern die Ausbildung von Geisteswissenschaftlern und der spätere Arbeitsmarkt zwei getrennte Welten sind.

Stefan Schaede, Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft, fasst die Kongressergebnisse zusammen.Das genaue Programm der Tagung kann unter: http://www.kulturrat.de/geisteswissenschaften.pdf abgerufen werden. Telefonische Rückfragen sind unter 030/247 280 14 möglich. Anfragen per Email unter: post [at] kulturrat.de (post[at]kulturrat[dot]de) Der Kongress wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Gerda Henkel Stiftung unterstützt. Der Deutsche Kulturrat wird auch nach dem Kongress das Thema Arbeitsmarkt Kultur weiterverfolgen. Bereits seit Anfang dieses Jahres befasst sich der Fachausschuss Arbeit und Soziales des Deutschen Kulturrates intensiv mit der Fragestellungen. Voraussichtlich im Dezember wird der Deutsche Kulturrat eine Stellungnahme zu dem Thema vorlegen.

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