Rekonstruktion der Kunstsammlungen von Johann Ludwig und Mary Jacoby sowie von Cäcilie und Ernst Holländer, Berlin
Provenienzforschungsprojekt in Kooperation mit Carolyn Hollander, finanziert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste
Die in dem Projekt zu untersuchenden Kunstsammlungen der Berliner Familien Jacoby, Neumann und Holländer entstanden über drei Generationen. So geht die Gemäldesammlung Mary Jacobys (1869-1942) auf ihre Eltern zurück, den ursprünglich aus Breslau stammendem Bankier Max Markus Neumann (1823-1901) und seiner Frau Anna, geborene Mayer (1842-1912). Gemeinsam mit ihrem Mann Johann Ludwig Jacoby (1862-1942), der Handelsgerichtsrat und Eigentümer der ältesten Baumwollwarenfabrik Berlins, der Baumwollwarenfabrik Julius und Adolph Jacoby, war, stellte Mary Jacoby eine Biedermeier-Sammlung mit Miniaturen und einigen japanischen Objekten sowie Gemälden und historischen Uhren zusammen.
1866 hatten die Eltern und der Onkel von Johann Ludwig Jacoby, Adolph und Cäcilie und Julius und Lydia (die Schwestern hatten zwei Brüder geheiratet), anlässlich der Einweihung der Neuen Synagoge in Berlin das „Ewige Licht“ gestiftet, das während des Novemberpogroms 1938 weiter brannte und erst 1989 bei Bauarbeiten wiederentdeckt wurde. Julius Jacoby war seit 1901 Vorsitzender des Vorstands der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.
Mary Jacoby hatte sieben Geschwister, darunter den Zoologen und Ornithologen Oscar R. Neumann (1867-1946), die Physikerin Elsa Neumann (1872-1902), die als erste Frau in Deutschland in diesem Fach promovierte, und die Künstlerin Alice Neumann (1866-1943).
Johann Ludwig und Mary Jacobys Tochter Cäcilie (1890-1941) studierte Jura und war Redakteurin der Zeitschrift „Die Studentin“. Ihr Sohn Hans Jacoby (1896-1984) studierte gleichfalls Jura und war anschließend bei der Dresdner Bank tätig. 1919 heiratete Cäcilie Jacoby den Juristen Ernst Julius Holländer, der 1883 in Berlin geboren worden war. Das Ehepaar bekam fünf Kinder: Gerhard, Kurt, Eva, Hans und Günter. Cäcilie und Ernst Holländer bauten ebenfalls eine Kunstsammlung auf. Cäcilie erwarb außerdem Erst- und Sonderausgaben von Büchern.
Ab 1933 wurden die Familien Neumann, Jacoby und Holländer als Juden verfolgt. Die Sammlung von Johann Ludwig und Mary Jacoby wurde verfolgungsbedingt ab 1941 durch Auktionen bei dem Berliner Versteigerungshaus Gerhard Harms und nach dem Tod von Johann Ludwig und Mary Jacoby 1942 entzogen.
Die Sammlung von Cäcilie und Ernst Holländer wurde mit der Wohnungseinrichtung im November 1941 nach der Deportation des Ehepaars aus Berlin zunächst geplündert und dann die Reste durch die Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg an den Hauseigentümer der Giesebrechtstr. 3, den Bäckermeister Franz Spierling, und andere Personen verkauft.